Falsche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch

Uns geht es in dieser Website um falsche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch. Wir können noch allgemeiner sagen: Es geht um falsche Erinnerungen an traumatische Ereignisse. Es geht also nicht um Nebensächlichkeiten. In derartig wichtigen Dingen ist auf unser Gedächtnis im Allgemeinen durchaus Verlass. Traumatische Ereignisse werden nicht so leicht vergessen, aber es kann sein, dass unser Gedächtnis in Bezug auf die Umstände dabei weniger genau ist, als in Bezug auf die Tatsache als solche. Weglassungen, Ausschmückungen und Verwechslungen, wie sie jederzeit im Gedächtnis stattfinden, gibt es natürlich auch bei traumatischen Ereignissen, sie sind etwas ganz „Normales“.

Uns geht es hier aber um etwas grundsätzlich anderes. Es geht um Erinnerungen, die bis ins Erwachsenenalter überhaupt nicht vorhanden waren, und die meist in Psychotherapien oder ähnlichen Angeboten völlig neu erzeugt werden. Diese Erinnerungen sind nichts „Normales“. Sie entstehen durch starken suggestiven Einfluss und unter intensiver Bemühung, sich zu erinnern. Wie in dem harmlosen Beispiel vom Kindergeburtstag wird auch hier die Fantasie eingesetzt, auch hier kann oft zwischen Fantasie und Realität nicht mehr unterschieden werden. Nur ist dieser Streich, den die Fantasie spielt, alles andere als harmlos. Diese falschen Erinnerungen greifen brutal in das Leben desjenigen ein, der sie entwickelt, und stellen es auf den Kopf. Und weil es ja Erinnerungen an Täter sind, werden diese beschuldigt, obwohl sie nichts getan haben. Es entwickelt sich daraus eine Katastrophe für alle Beteiligten.

Falsche Trauma-Erinnerungen sind nicht leicht zu korrigieren

Fatalerweise haben falsche Erinnerungen an traumatische Erlebnisse mit den Erinnerungen an wirklich erlebte Traumata eines gemeinsam: Sie prägen sich ganz besonders gut und fest ein. Daher gehört zu den schlimmsten Eigenschaften falscher Erinnerungen an sexuellen Missbrauch ihre Hartnäckigkeit. Für den, der sie hat, unterscheiden sie sich nicht von anderen Erinnerungen. Sie sind unter der Autorität des Therapeuten entstanden. Ihre Gültigkeit scheint außer Frage. Sind falsche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch erst einmal da, so lassen sie sich nicht einfach wieder löschen. Das gilt für falsche Erinnerungen ebenso wie für solche, die auf echten Erlebnissen beruhen.

Nur wenige Therapierte bringen die mentale Kritik und Distanz auf, diese Erinnerungen überhaupt in Frage zu stellen, geschweige denn das gesamte Umfeld ihrer Entstehung kritisch unter die Lupe zu nehmen (siehe dazu: Kann man falsche Erinnerungen erkennen oder nachweisen?). Lieber werden die zuvor geliebten Eltern nun der schlimmsten Verfehlungen beschuldigt, für die jeder Beweis fehlt.

Zahlen aus den USA im Rückblick auf die Epidemie der recovered memory-Therapie sind ernüchternd: Nur 8 % der Therapierten waren bereit, diese Kritik zu üben, siehe McHugh, Freyd, Fetkewicz, From Refusal to Reconcilation: Family Relationships After an Accusation Based on Recovered Memories, The Journal of Nervous and Mental Disease, 192/8, 2004, S. 525 – 531

Kann man falsche Erinnerungen erkennen oder nachweisen?Was ist falsch an falschen Erinnerungen

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