Volbert, Renate: Beurteilung von Aussagen über Traumata

Göttingen 2004, 164 Seiten, ISBN 3-456-84085-3

Die Autorin ist Professorin für forensische Psychiatrie und als psychologische Gutachterin zu Zeugenaussagen vor Gericht bekannt.

Das Buch ist ein wissenschaftlicher Text zur Aussagenpsychologie und sehr klar gegliedert. Nach einleitenden Begriffsklärungen zu Stress und Trauma folgt ein Kapitel, das die logischen, psychologischen und rechtlichen Grundlagen der Aussagenpsychologie erläutert. In zwei zentralen Kapiteln geht die Autorin auf wissenschaftliche Ergebnisse über den Einfluss von Emotionen auf das Gedächtnis und insbesondere über Erinnerungen an extrem traumatische bzw. stressreiche Ereignisse ein. Speziell die in der Literatur sehr kontrovers behandelte Frage traumabedingter Amnesie wird kritisch untersucht. In einem eigenen Kapitel wird die Erzeugung von Scheinerinnerungen an traumatische Ereignisse und damit explizit die Erzeugung falscher Erinnerungen an sexuellen Missbrauch behandelt. Ein weiteres Kapitel entlarvt Vorschläge zur Modifikation der Glaubhaftigkeitsbeurteilung bei traumatischen Erinnerungen als Missverständnisse der aussagepsychologischen Methoden und ist deshalb weniger von praktischer als von wissenschaftlicher Bedeutung. Gute Zusammenfassung der Ergebnisse in einem eigenen Kapitel.

Das Buch ist für induzierte Erinnerungen an sexuellen Missbrauch aus mehreren Gründen wichtig:

Es betrifft die aussagepsychologische Beurteilung, die bei gerichtlicher Verfolgung infolge falscher Erinnerungen von fundamentaler Bedeutung ist.

Das Buch befasst sich detailliert mit der Erinnerung an Traumata und Fragen traumabedingter Amnesie, und es zeigt auf, dass viele Behauptungen der Trauma-Erinnerungs-Therapeuten über Traumaerinnerungen empirisch nicht belegt sind.

Es geht sehr ausführlich auf die Erzeugung von Scheinerinnerungen ein, wobei u. A. die Situation der Patienten sowie die therapeutischen Methoden kritisch betrachtet werden.

In allen Kapiteln werden sehr viele Originalarbeiten kritisch betrachtet. Das macht das Buch jedoch für Leser, die sich über falsche Erinnerungen orientieren wollen und die mit der Materie weniger vertraut sind, schwer lesbar. Diese Leser werden vor allem auf die Aussagekriterien in Abschnitt 5.6 und auf das Resümee in Kapitel 7 hingewiesen.

Umfangreiches wissenschaftliches Literaturverzeichnis, aber kein Sachregister.