Rückert, Sabine: Unrecht im Namen des Volkes

Hamburg 2007, ISBN 978-3-455-50015-8, 288 Seiten

Die Autorin ist Journalistin. Sie hat in der Zeitschrift Die Zeit mehrere Aufsätze über einen spektakulären Fall von Justizirrtum bei einer Anklage wegen sexuellen Missbrauchs geschrieben. Ausführlich ist dieser Fall in dem Buch verarbeitet. Es geht nicht um einen typischen Fall von falschen Erinnerungen, sondern um die Verurteilung zweier unbescholtener Männer aufgrund von Aussagen einer jungen Frau mit Borderline-Störung. Die beiden Männer — Vater und Onkel der Klägerin — verbüßen ihre volle Gefängnisstrafe, bevor ihre Fälle (nicht zuletzt durch das Engagement der Autorin) wieder aufgerollt und beide freigesprochen werden.

Das Buch ist auch für Falschbeschuldigungen infolge falscher Erinnerungen von hohem Interesse, weil es sehr klar zeigt, mit welchen Vorurteilen auf allen Seiten ein Beschuldigter zu rechnen hat. Zu den besonders wichtigen Teilen des Buches gehört ein ausführliches Interview mit Professor Dr. Max Steller vom Institut für forensische Psychologie der Charité in Berlin (S. 87-103), das in vollem Umfang auch auf falsche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch zutrifft. Prof. Steller bezeichnet darin die ausufernden Missbrauchsbeschuldigungen der 90er Jahre als „Kollateralschaden der … begrüßenswerten Hinwendung zum Thema sexueller Kindesmissbrauch“. Diese Charakterisierung gilt sicher auch heute noch.