McNally, Richard J.: Remembering Trauma

Cambridge (Mass.), 442 Seiten, ISBN 0-674-01082-8

McNally ist Wissenschaftler und lehrt Psychologie an der Harvard-Universität. Zwar schreibt er dieses Buch für das Publikum, doch es bleibt ein wissenschaftliches Buch. Es fehlen alle unterhaltenden anekdotischen Berichte. Es fehlen auch Erläuterungen zur Methodik wissenschaftlichen Arbeitens. Nur wer mit wissenschaftlichen Fragestellungen einigermaßen vertraut ist, wird das Buch wirklich auswerten können. Trotzdem ist das Buch nicht im Elfenbeinturm zu verorten. Schon das erste Kapitel, das sich mit dem Trauma als Politikum befasst, zeigt das.

Bereits äußerlich stellt man fest, dass ein Drittel des Buchumfangs wissenschaftlichen Anmerkungen und Literaturangaben gewidmet ist. Therapeutische Fragen oder Einzelfallberichte, die in der recovered-memory-Debatte wichtig sind, spielen in dem Buch praktisch keine Rolle. Ohne Zweifel ist es das Referenzwerk zu allen Fragen der Trauma-Erinnerung und darauf basierenden Therapien. Es zeigt auf, auf welch tönernen Füßen diese Therapien stehen, weil ihre Voraussetzungen wissenschaftlich unbewiesen und unwahrscheinlich oder nachweislich falsch sind.

Die einzelnen Kapitel des Buches sind folgenden Themen gewidmet:

  • Trauma als Politikum
  • Wie Erinnerungen entstehen
  • Was ist psychisches Trauma?
  • Erinnerung an Traumata
  • Mechanismen der Trauma-Erinnerung
  • Theorien der Verdrängung und Dissoziation
  • Amnesie für traumatische Ereignisse
  • Falsche Erinnerungen an Traumata
  • Die Sicht des experimentellen Forschers
  • Die nächsten Kontroversen

Im Grunde ist das Buch zu seinem größten Teil eine große Übersichtsstudie zu allen verfügbaren wissenschaftlichen Arbeiten, die das Thema des betreffenden Kapitels betreffen. Eine riesige Zahl psychologischer Experimente und theoretischer Studien wird aus der Sicht des Wissenschaftlers erläutert. Das macht die Lektüre anstrengend. Dass der Autor nicht voreingenommen ist, beweist er, indem er auch widerlegte und abzulehnende Thesen mit gleicher Sorgfalt referiert, wie die von ihm selbst vertretenen. Obwohl das Buch zu praktisch jeder Facette der Traumaerinnerung Auskunft über den Stand der Wissenschaft gibt, ist es doch mühsam, anhand der Einzelergebnisse eine Übersicht zu gewinnen. Will man sich nicht mit allen Einzelheiten der referierten Forschungen beschäftigen, so sei der Leser darauf hingewiesen, dass der Autor am Ende jedes Kapitels die wichtigsten Ergebnisse des Kapitels knapp zusammenfasst.