Mair, Katherine: Abused by Therapy: How searching of childhood trauma can damage adult lives

Kibworth UK, 2013, ISBN 978-1783060-665

Die meisten Bücher zu multiplen Persönlichkeiten bzw. (nach aktuellen Versionen der Diagnosekataloge) der dissoziativen Identitätsstörung (DIS, in englischer Literatur DID) sind schon bejahrt. Mair hat jetzt ein brandneues und aktuelles und in höchstem Maße wissenschaftlich fundiertes Buch zu diesem Thema vorgelegt. Dabei bezieht die Autorin nicht nur die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse ein, sondern sie berichtet auch, wie ein Problem, das schon vielfach als erledigt angesehen wurde, weil es als weitgehend iatrogen erkannt wurde, zur Zeit neue Aktualität gewinnt, und zwar speziell in Europa. Mair zeigt an zwei Fallberichten anfangs auf, worum es überhaupt geht. Doch in den folgenden Kapiteln geht sie sehr wissenschaftlich vor, und sie lässt die Befürworter der Trauma-Erinnerungs-Therapie genau so ausführlich zu Wort kommen, wie die wissenschaftlichen Zweifel, die an diesem Konzept bestehen. Sie geht ausführlich auf die Entstehung des Phänomens ein. Sie schildert die Folgen, die diese Therapien für die Betroffenen haben und die religionsartigen Glaubenssysteme der Therapiebefürworter.

Besonders beunruhigend ist die Schilderung der gegenwärtigen Aktivitäten der einschlägigen Berufsorganisationen, vor allem der ISST-D (International Society for the Study of Trauma and Dissociation) um Anerkennung der Diagnosen im öffentlichen Gesundheitssystem und für die Verringerung der diagnostischen Schwellen. Damit soll erreicht werden, dass mehr Personen sich diagnostisch als von DIS betroffen qualifizieren. Sie spricht von einer Kampagne, die die den letzten Jahren begonnen hat, und deren Folgen sich nicht nur in England, sondern in ganz Europa
zeigen.

Leider ist dieses lesenswerte Buch nur auf Englisch verfügbar, und es ist obendrein nicht in dem relativ leicht verständlichen Englisch der meisten amerikanischen Wissenschaftler, sondern im anspruchvolleren britischen Stil geschrieben.