Traumatherapie – und nur noch Scherben

Vorgeschichte

Wir haben zwei Töchter im Alter von 41 und 32 Jahren. Beide waren Wunschkinder. Die Schwangerschaft unserer ersten Tochter fiel teilweise in meinen Vorbereitungsdienst und in die Prüfungsphase des zweiten Staatsexamens. Unsere zweite Tochter wurde neun Jahre später geboren.

Der große Altersunterschied zwischen unseren Töchtern war für uns als Familie nicht immer leicht zu händeln und unsere große Tochter Kristina, die mit einer schweren Neurodermitis zur Welt kam, entwickelte im Alter von zehn Jahren diffuse Ängste, war übertrieben ehrgeizig und entwickelte mit ca. zwölf Jahren eine Magersucht. Unsere zweite Tochter Marie war als Baby wesentlich „pflegeleichter“. Kristina bekam mit, dass ihrer kleinen Schwester vieles leichter fiel und dass sie uns dadurch als Baby und Kleinkind „bezauberte“. Kristina war nun nicht mehr unsere “Prinzessin“, und sie entwickelte starke Eifersucht. Bei all diesen Problemen haben wir uns therapeutisch als Familie durch eine Psychologin und durch die Erziehungsberatung helfen lassen. Wir hatten das Gefühl, die Probleme damit in den Griff zu bekommen. Kristina suchte ihre Hobbies jetzt außerhalb unserer Familie (Voltigieren / Leistungsturnen), und ich war froh, dass sie schulisch (nachdem wir sie die dritte Klasse wiederholen ließen) und in ihrer Freizeit gut klarkam.

Mit 18 Jahren begann Kristina eine Ausbildung zur Krankenschwester und ging dafür nach der elften Klasse vom Gymnasium ab, obwohl sie die Versetzung in die zwölfte Klasse mit guten Noten hatte. Der Wunsch Krankenschwester zu werden, zog sich durch ihre ganze Kindheit.

Während ihrer Ausbildung lernte sie ihren jetzigen Mann kennen. Die Beiden heirateten, als sie 23 war, und bekamen schnell danach zwei Söhne (jetzt 16 und 14 Jahre).

Als der Jüngere ein Jahr alt war, wollte/musste Kristina wieder arbeiten und entschied sich zu einer zweiten Ausbildung zur Hebamme. In dieser Zeit überforderte sie sich selbst mit dem Spagat zwischen kleinen Kindern, Ausbildung, Schichtdienst und ihrem übermäßigen Ehrgeiz. Sie wollte auch diese Ausbildung mit „sehr gut“ abschließen. In dieser Zeit sind wir oft zu unseren Kindern gefahren, um ihnen zu helfen – was aber als nie genug angesehen wurde.

Im Jahr 2019 wollte sich Kristina, wie schon 2014, von ihrem Mann trennen. Gründe, die wir verstehen konnten, hat sie uns nicht genannt. Unser Schwiegersohn musste auf ihren Wunsch hin ausziehen, kam aber nach ein paar Wochen wieder zurück und die beiden haben sich wieder „zusammengerauft“. Wir haben uns weitestgehend herausgehalten, weil wir froh waren, dass die Familie wieder zusammen war.

Marie ruhte in sich, war wesentlich entspannter und hatte bis zur zehnten Klasse schulisch keine Probleme. Als sie für die Schule hätte mehr tun müssen, wechselte sie, auf meine Anregung hin, zur Fachoberschule Gestaltung, da sie ohnehin ein Studium im Kreativbereich machen wollte. Zu ihren Neigungen und Wünschen hatte ich schon immer einen besseren Draht als zu Kristinas beruflichen Wünschen.

Unser Fall

Ende Juli im Corona-Jahr 2020 schickte Kristina eine Mail an ihren Vater, dass sie und ihre Familie vorerst keinen weiteren Kontakt zu uns wünschen. „Sie hätten viel für sich und ihre Familie in letzter Zeit getan und wollten für sich sein. Die Kinder, damals 13 und 11 Jahre) würden sich bei Bedarf melden“. Gleichzeitig blockierte sie ihr WhatsApp. Außerdem wurden damit bereits getroffene Freizeit-Verabredungen hinfällig.

Zunächst maß ich dem Kontaktabbruch nicht zu viel Wichtigkeit bei und dachte, dass sich unsere Tochter spätestens wieder melden würde, wenn sie jemanden zur Kinderbetreuung brauchen würde. Dem war aber nicht so. Bis auf eine Glückwunschkarte von mir für meinen Schwiegersohn zum 40. Geburtstag war Funkstille.

Ende November erkundigte ich mich per Post vorsichtig nach Gründen für den Kontaktabbruch und nach möglichen Weihnachtsgeschenken für unsere Enkelsöhne. Daraufhin antwortete Kristina, dass sie gemeinsam mit ihrer Therapeutin ihre Kindheit, in der ja nicht alles schlecht gelaufen sei, aufarbeite. Außerdem gab sie die Weihnachtswünsche unserer Enkelkinder an, und dass unser großer Enkelsohn nach Weihnachten mit seinem Opa einen Gaming-PC bauen wolle.

Anfang Dezember blockierte dann auch unser Schwiegersohn WhatsApp, nachdem ich ihn um ein Telefongespräch gebeten hatte.

Im Februar 2021 durfte unser großer Enkelsohn dann für drei Tage mit Opa den Gaming-PC bauen. Anfang April 2021 sperrten dann auch unsere Enkelsöhne ihr WhatsApp.

Im Mai schrieb ich unserer Tochter einen flehentlichen Brief, in dem ich darum bat, uns Gründe für den Kontaktabbruch zu nennen – keine Antwort.
Gleichzeitig hielt unsere jüngere Tochter den Kontakt zu uns auch ziemlich auf Sparflamme, was sie aber schon des Öfteren gemacht hatte.

Als wir Ende Oktober 2021 von einer Reise zurückkamen, traf ich mich mit meiner Lieblingsschwester, die auch die Lieblingstante unserer Töchter ist, da ihr etwas auf der Seele brannte. In diesem Gespräch sagte sie mir, dass Kristina ihr erzählt habe, dass wir sie im Alter von dreieinhalb bis sechs Jahren sexuell missbraucht hätten, was sie ihr sehr detailreich geschildert hatte. Meine Schwester sagte mir, dass sie unserer Tochter glaubt. Ich war total geschockt, konnte aber dann doch mit ihr darüber reden und Argumente liefern, dass das nicht sein kann. Meine Schwester wusste nun gar nicht mehr, wem sie glauben sollte.

Die nächste Zeit war für uns ein absoluter Albtraum. Auf einmal hatten wir gar keine Familie mehr. Unsere jüngere Tochter wollte mit unserem „Stress mit Kristina“ nichts zu tun haben, zumal Kristina ihr das Wort abgenommen hatte, dass sie uns nichts von ihrer Anzeige gegen uns wegen sexuellen Missbrauchs sagen solle, und sie fragte sie gleichzeitig, ob wir sie auch missbraucht hätten. Das verneinte Marie. Daraufhin sagte Kristina zu ihr: „Na, du warst ja auch das Lieblingskind!“ Als ich Marie dann im November 2021 fragte, ob sie auch von uns glaube, dass wir ihre Schwester missbraucht hätten, verneinte sie das vehement!

Ein gutes halbes Jahr war unsere jüngere Tochter mit dem Wissen über unseren vermeintlichen Missbrauch allein gewesen, bis wir es dann über meine Schwester erfuhren.

Marie stand jetzt richtig zwischen den Stühlen. In dieser Zeit war der telefonische Kontakt zwischen uns beiden eigentlich sehr gut und intensiv und sie machte sich Sorgen um uns.

Nach dem False Memory Seminar Mitte April 2022 bat sie mich um ein Telefongespräch und sagte mir dann, dass es ihr psychisch sehr schlecht ginge und dass sie in eine psychosomatische Klinik wolle und ob sie mit unserer finanziellen Unterstützung rechnen könne, wenn sie in der Zeit nicht als Werkstudentin arbeiten könne. Wir sagten ihr unsere weitere Unterstützung zu. Im Juni ist sie dann in eine Klinik gegangen und bald danach hat sie ihr WhatsApp zu uns gesperrt. Wir haben aber erfahren, dass sie seit August wieder arbeitet und im Sommer 2023 ihr Zweit-Studium (Informatik) abschließen will.

Inzwischen hatten wir Anfang 2022 Kontakt zum Rechtsanwalt Zillikens aufgenommen, nachdem wir erfahren hatten, dass Kristina Ende März 2021 eine Strafanzeige gegen uns erstattet hatte wegen sexuellen Missbrauchs in den Jahren 1986 bis 1989. Diese falschen Erinnerungen waren ihr in einer Notfalltherapie-Sitzung gekommen. Die Anzeige wurde wegen Verjährung eingestellt.

Mitte März 2022 bekamen wir dann noch eine Gewaltschutzanordnung, die unsere Tochter Kristina beim Familiengericht erwirkt hatte. Zunächst sollte diese Anordnung für ein halbes Jahr gelten. Da die Familienrichterin in Rücksprache mit unserem Rechtsanwalt jedoch der Meinung war, dass sie in einer mündlichen Anhörung nicht klären könne, ob der sexuelle Missbrauch an ihr und unseren Enkeln stattgefunden habe, schlug sie in einem Vergleich eine Kontaktsperre zur Familie unserer Tochter Kristina bis Mai 2024 vor.

Wir stimmten diesem Vergleich zu, da wir wenig Hoffnung hatten, die Enkel vor ihrer Volljährigkeit wiederzusehen, und weil wir Ruhe in Kristinas und in unsere Familie bringen wollten. Außerdem wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der zweiten Strafanzeige vom Januar 2022 gegen uns wegen Missbrauchs der Enkelkinder. Darin wurde uns vorgeworfen, die beiden Enkelsöhne (im Alter von fünfeinhalb und dreieinhalb Jahren) im August 2012 missbraucht zu haben. In dem über 100 Seiten umfassenden Protokoll der Strafanzeige machte sie vollkommen abstruse und widersprüchliche Aussagen, die wir nachweisbar widerlegen konnten.
Mehrfach stellte sie auch diese neuen Anschuldigungen als Therapieleistung dar. Ihr Ehemann und ihre beiden Söhne konnten aber bei ihrer Vernehmung diese Anschuldigungen nicht bestätigen.

Nun sind alle Anzeigen gegen uns eingestellt worden, wir haben aber immer noch das Kontaktverbot bis Mai 2024. Wir machen uns große Sorgen um Kristina, da wir vermuten, dass sie immer noch falsch therapiert wird. Da wir aber gerne vor 2024 wieder Kontakt zu unseren Enkelsöhnen haben wollen, haben wir jetzt beim Familiengericht einen Antrag auf eine Umgangsregelung mit den Enkeln gestellt. Mal sehen, wie sich die ganze Sache weiterentwickelt. Wir vermissen unsere Töchter und Enkelsöhne unglaublich und haben noch Hoffnung.
Gleichzeitig sind wir auch sehr in Sorge um Marie. Im Moment haben wir jedoch noch die Hoffnung, dass sie sich nach Abschluss ihres Studiums wieder bei uns meldet.

A.&W.S.