Eine Hoffnungsgeschichte

Dieser Bericht beschreibt die „False Memory-Geschichte“ mit unserer Tochter. Das Geschehen umfasst ca.13 Jahre – der Text besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil schildere ich das Verschwinden – den Verlust unserer Tochter, der zweite Teil berichtet von einem wunderbaren Neuanfang.

1. Ohne unsere Tochter

Dreizehn Jahre lebten wir ohne unsere Tochter. Jahre der Trauer, Wut, Verzweiflung – nichts war mehr so, wie es einmal gewesen war – für uns als Eltern, als Geschwister, als Großeltern, Verwandte und Freunde.

Wir waren eine ganz normale Familie: Vater (45 Jahre), Mutter (41 Jahre), zwei Töchter (20 und 18 Jahre) und ein Sohn (14 Jahre). Es war uns immer sehr wichtig gewesen, wirklich „Familie“ zu leben – jedes unserer Kinder in seinen jeweiligen Gaben zu fördern und, soweit es in unserer Macht stand, ihnen zu einem selbständigen, erfüllten Leben zu verhelfen. Wir wollten – wie wahrscheinlich die meisten Eltern – dass sie sich unserer bedingungslosen Liebe immer sicher sein können. Als junge Mutter brach ich nach der Geburt unserer ältesten Tochter meine Berufsausbildung ab, weil es undenkbar war für mich, sie nicht zu stillen, sie morgens in aller Frühe abgeben zu müssen und nur in meiner Freizeit etwas von ihrer Entwicklung mit zu bekommen (Ich habe das nie bereut!).

Und dann begann es: Vor dreizehn Jahren brach unsere damals 20-jährige Tochter aus heiterem Himmel den Kontakt zu uns ab – ohne Angabe von Gründen. Sie wohnte damals nicht mehr zu Hause, machte eine Ausbildung und lebte selbständig. Nun war sie einfach weg – verschwunden – untergetaucht. Unsere freundliche, geliebte und begabte Tochter – das war völlig absurd – wir waren fassungslos – recherchierten und setzten alle Hebel in Bewegung, die irgendwie möglich waren. Endlich wurde uns mitgeteilt – von einer Freundin, Beraterin(?) unserer Tochter, dass sie uns nicht sehen wolle, dass sie sich vor uns(!) in Sicherheit bringen müsse und dass sie dringend eine Therapie machen wolle – dann könne man evtl. reden. Schon damals hing der Vorwurf in der Luft, wir hätten unsere Tochter sexuell missbraucht.

Wir wähnten uns in einem schrecklichen Alptraum – wie war so etwas möglich? Was war hier geschehen? Unsere Tochter war lebendig, fröhlich, kreativ, begabt, beliebt, erfolgreich. Außer Rückenproblemen und gelegentlichen Migräneattacken gab es keine Auffälligkeiten – was sollte dies nun? Tag und Nacht quälte uns die Gewissheit, dass dies KEIN Alptraum war, sondern grausame Realität. Unablässig durchkämmten wir die Kindheit und Jugendzeit unserer Tochter, immer wieder – vor und zurück – auf der Suche nach einer begreifbaren Ursache, unser Leben war total auf den Kopf gestellt! Wie sollten wir uns verhalten bei Familientreffen, Treffen mit Freunden, wenn unsere Tochter auf einmal nicht mehr dabei war – wie soll man so etwas erklären? Kein Mensch verstand ja, was hier passierte – eine zentnerschwere Last legte uns regelrecht lahm. Immer wieder fragten wir uns: Wo ist sie? Wie geht es ihr? Wovon lebt sie? Wann ist dieser Schrecken endlich vorbei? Schließlich erfuhren wir, dass sie sich in einem Frauenhaus aufhielt. Warum um alles in der Welt war unsere Tochter in einem Frauenhaus?! Wir erhielten einen Brief von der Kindergeldkasse, in dem stand, dass unsere Tochter den Antrag auf direkte Auszahlung des Kindergeldes gestellt habe und warum wir sie nicht unterstützen würden. Monate später erfuhren wir dann, dass sie eine stationäre Therapie in einer psychotherapeutischen Klinik machte. Wir hielten uns an der Hoffnung fest, dass wir nach dieser Therapie miteinander reden könnten.

Mittlerweile hatten wir beschlossen, offen mit der ganzen Sache umzugehen, wenn jemand nach unserer Tochter fragen würde. Hin und wieder wandten sich Menschen von uns ab, immer mit der Bemerkung: “Wir wollen eben ganz neutral sein!“
Nachdem unsere Tochter 12 Wochen Therapie hinter sich hatte, kam ein Brief von ihr. Voller Hoffnung öffneten wir ihn, um gleich wieder erschüttert zu lesen, dass es nun definitiv KEINEN Kontakt mehr geben würde mit ihr, dass sie ganz ohne uns leben wolle und dass ihr dies die Ärzte und Therapeuten dringend empfohlen hätten. Desweiteren würde es ja auch noch Geld geben, das ihr zustehe und wir sollten ihr dies zukommen lassen. Uns blieb die Luft weg angesichts dieser Lieblosigkeit, dieser Kälte und Härte unserer Tochter. Das war nicht sie!! Was war mit ihr geschehen? Unsere Tochter war ein freundlicher, hilfsbereiter und liebevoller Mensch – wer oder was hatte sie so schrecklich verändert? Monatelang hörten wir nichts von ihr, wussten nicht, wo sie war. Alle Nachforschungen nach Adresse, Telefonnummer usw. waren erfolglos – sie hatte alles sperren lassen.

Eines Tages kam ein Brief von unserer Tochter, in dem sie uns schrieb, dass sie als Kind bei uns nicht einen einzigen schönen Tag erlebt habe und dass ihre Kindheit und Jugendzeit ausschließlich von Missbrauch, Gewalt und Brutalität geprägt gewesen sei. Sie habe dies bearbeitet und wolle mit uns darüber reden – auf neutralem Boden, in Gegenwart einer neutralen Person. Wie konnte sie so etwas behaupten?! Das Gespräch war dann ein schrecklicher Höhepunkt dieses ganzen Prozesses. Unsere Tochter hatte ihre Therapeutin mitgebracht, eine Wildwasser-Mitarbeiterin, bei der sie, wie wir erfuhren, seit Jahren in Therapie war. Unsere Tochter war wie versteinert, konnte uns nicht anschauen, redete leise mit brüchiger Stimme. Die Therapeutin hielt sie die ganze Zeit über an der Hand und fragte immer wieder, ob „es denn noch gehe“. Nachdem man uns instruiert hatte, unsere Tochter nicht zu unterbrechen, las diese eine lange Anklageschrift vor, in der sie uns zur Last legte, wir hätten sie vergewaltigt, geschlagen, sadistisch gequält, ihr entweder Essen verweigert oder sie zum Essen gezwungen. Es war eine völlig absurde Situation: Da saßen wir auf der Anklagebank vor unserer geliebten Tochter und ihrer Therapeutin, die uns unmissverständlich spüren ließ, was sie von uns hielt und was für schreckliche, brutale Eltern wir seien. Das Urteil war für sie längst gefällt…! Sie sagte, wir könnten froh sein, dass unsere Tochter diese grausame Vergangenheit noch so gut überlebt habe. Es wurde uns überdeutlich bewusst, dass wir völlig ohnmächtig waren – egal, was wir tun oder sagen: es würde gegen uns verwendet werden! Es gab keine Möglichkeit für uns, irgendetwas an der Situation zu verändern, unsere Tochter war völlig unerreichbar für uns. Es war, als hätte eine unheimliche Macht sich ihrer bemächtigt und alles ausgelöscht, was jemals da war zwischen Tochter und Eltern. Diese totale Ablehnung und Lieblosigkeit passte so überhaupt nicht zu unserer Tochter – es war einfach unfassbar!

Absolut verzweifelt und dramatisch musste die ganze Situation auch für unsere Tochter selbst gewesen sein: sie hatte ihre ganze Familie, ihre ganze Kindheit, ihre ganze Vergangenheit – ihre Identität verloren. Sie musste sich regelrecht neu erfinden, ihre Lebensgeschichte umschreiben! So kann niemand leben – und genau das war es, was wir mittlerweile auch erfahren hatten: sie bekam ihr Leben nicht in den Griff, war immer wieder arbeitsunfähig, depressiv, suizidgefährdet usw. Sie war regelrecht „krank therapiert“ worden.

Immer wieder forschte ich im Internet nach Informationen, Literatur und Hilfen zu diesem Thema. Zuerst konnte ich nur englischsprachige Seiten finden – ich verschlang alles, was es da an Berichten und Artikeln gab. Endlich entdeckte ich etwas später die Seite von „Schulterschluss“ und nahm dann auch umgehend Kontakt auf. Dies war für uns nun eine neue Etappe in der Bewältigung dieses Alptraums. Die Erfahrung, dass es andere Familien gibt, die ähnliches erleben und Menschen, die uns verstanden, die wussten, wovon wir reden, die uns glaubten und sich einfühlen konnten in unseren Schmerz, war eine unschätzbare Hilfe und Entlastung für uns. Dafür sind wir bis heute sehr dankbar!!

Anfang 2008 erreichte uns dann der nächste Schock: Unsere Tochter hatte uns angezeigt. Ihren Vater und ihre Mutter wegen schwerem sexuellen Missbrauch. Die nächste Stufe des Horrors war erreicht! Von der Polizei wurden Ermittlungen durchgeführt, Geschwister und Verwandte als Zeugen vernommen. Dank des Arbeitskreises „Induzierte Erinnerungen“ fanden wir einen kompetenten, sehr hilfreichen Anwalt. Eine weitere zutiefst aufwühlende Erfahrung war das Lesen der Ermittlungsakte, aus der deutlich zu erkennen war, wie sich alles aufbaute, wie von Therapie zu Therapie immer neue Dinge hinzukamen, wie die schweren Anschuldigungen bis ins Detail beschrieben waren – aus dem Mund unserer Tochter. Entsetzt und schockiert lasen wir ihre Aussagen, die von allen Therapeuten als real und glaubhaft eingestuft wurden. Für diese sind die Dinge tatsächlich so geschehen und wurden unserer Tochter von uns, ihren Eltern, zugefügt. Während der stationären Therapie (so lasen wir in der Akte), äußerte unsere Tochter mehrere Male Zweifel an der Situation und war sich nicht sicher, ob das alles wirklich so stattgefunden habe. Die Therapeutin zerstreute diese Bedenken sofort und erklärte ihr, sie müsse einfach akzeptieren, dass sich alles genauso zugetragen habe, alles andere wäre nur Verdrängung und sie sei eben schwerst traumatisiert.

Eines Tages nahm unsere Tochter dann plötzlich Kontakt auf zu den Großeltern und zu ihrer jüngeren Schwester. Sie trafen sich sogar und telefonierten miteinander. Doch genauso schnell war der Kontakt wieder vorbei – unsere Tochter sagte bei der Polizei aus, wir, ihre Eltern, hätten sie in ihrer Wohnung aufgesucht und ihr mit einem erhitzten Löffel Brandwunden am Hals zugefügt. (Bilder dieser Brandwunden am Hals lagen der Polizei vor, wie wir der Akte entnehmen konnten.) Wir konnten eindeutig nachweisen, dass wir zu dem von ihr genannten Termin mit Besuchern bei uns zu Hause waren (geschweige denn, dass wir wussten, wo sie wohnt…) und so konnte bewiesen werden, dass unsere Tochter nicht die Wahrheit gesagt hatte. Auch andere Aussagen konnten durch unseren Anwalt eindeutig widerlegt werden. Sie hatte z. B. auch ausgesagt, sie sei mit 15 Jahren schwanger gewesen und ihr Vater hätte sie in eine Abtreibungsklinik gebracht und dort sei die Schwangerschaft abgebrochen worden. Während des ganzen Verlaufes hatte unsere Tochter jede gynäkologische Untersuchung verweigert, was ihr immer auch zugestanden wurde, da sie ja so schwer traumatisiert war…! Nach ihrer Aussage hätten noch drei andere Männer sie vergewaltigt, ein Lehrer, der Bruder einer Freundin und ein Physiotherapeut. In der Akte war zu lesen, diese drei Vergewaltigungen seien erfolgreich therapiert worden, die vom Vater allerdings wirkten noch extrem traumatisierend! Schließlich wurde ein unabhängiges psychiatrisches Gutachten angefordert. Die Gutachterin befragte unsere Tochter einen Tag lang und kam zu dem Schluss: Sie sagt nicht die Wahrheit! Sie ist auch nicht psychisch krank, allenfalls liegt eine psychische Störung vor. Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt. Was war nur mit unserer Tochter geschehen, wer hatte sie derartig bearbeitet und manipuliert, dass sie alles, was ihr bis zum zwanzigsten Lebensjahr teuer und wertvoll war, was sie geprägt hatte, nun mit Füssen trat? In regelmäßigen Abständen recherchierte ich im Internet nach ihr und fand hin und wieder natürlich nur spärliche Informationen. Sie schien stabiler zu sein und ihr Leben besser im Griff zu haben. Es schien ihr zumindest äußerlich einigermaßen gut zu gehen. Eines Tages hatten wir erfahren, (durch irgendwelche Nachfragen einer noch auf sie laufenden Versicherung), dass sie nicht mehr unseren Namen trug und wohl auch nicht verheiratet war. Sie hatte eine Namensänderung vornehmen lassen. Auch das war ein schmerzhaftes Gefühl, dieses vollkommene Ausradieren ihrer Herkunft! Unsere beiden anderen Kinder hatten inzwischen geheiratet und ihrer Schwester Heiratsanzeigen zukommen lassen – ohne jede Reaktion. Der Großvater starb, zu dem sie eine gute, liebevolle Beziehung hatte. Auch diese Nachricht und den Beerdigungstermin ließen wir ihr über verschiedene Quellen zukommen – wieder keine Reaktion!

Nun möchte ich noch einige Sätze dazu sagen, was dieses Geschehen in den vergangenen 13 Jahren mit uns gemacht hat: Zuerst einmal möchte ich sagen, dass wir als bewusste Christen leben, d.h. GOTT ist für uns ein personales Gegenüber, mit dem wir reden, der etwas mit unserem ganz persönlichen Leben zu tun hat. Die beschriebene anfängliche Wut und Verzweiflung haben wir immer wieder IHM entgegengeschrien. Ich kann für mich sagen, dass dies sehr entlastend für mich war und ich mit der Zeit nach und nach immer mehr zur Ruhe kam. Auch im Gespräch mit guten Freunden wurde mir deutlich: Unsere Tochter hatte diesen Weg für sich gewählt, wir sind Eltern, die sie von Anfang an geliebt haben, die sicher auch – wie alle Eltern – Fehler gemacht haben. Aus welchen Gründen auch immer hatte sie sich so entschieden. Durch die Beziehung mit Gott konnte ich unsere Tochter immer wieder abgeben und IHM ans Herz legen – wir waren immer gewiss, dass ER sie im Blick hat und um alles weiß. Deshalb ist es das Vertrauen in GOTT, den Vater, das in den letzten Jahren gewachsen ist und das uns trotz allem Schmerz einen tiefen Frieden und großen Trost vermittelt hat. Ich bin sicher: Hätten wir diesen Anker nicht gehabt, wir hätten Schiffbruch erlitten. Das mag sich möglicherweise seltsam anhören, aber da es uns aufrechterhalten hat, möchte ich es einfach so auch weitergeben! Wir waren als Familie beschädigt, aber nicht zerstört. Hinter unverständlichen Schicksalsschlägen steht möglicherweise etwas – ein Sinn, von dem wir jetzt keine Ahnung haben, aber das ist wohl das Lebensmaterial, mit dem wir als Familie in diesem Leben umgehen müssen – das wir zu bewältigen haben. Einige mögen sagen: Okay, das haben Sie sich eben so aus lauter Verzweiflung zurechtgezimmert, um die Situation zu ertragen, aber ich kann Ihnen versichern, ein solches konstruiertes Kartenhaus wäre irgendwann zusammengebrochen – es lohnt sich, in GOTT zu investieren und den ganzen schweren Ballast an IHN abzugeben, weil ER sich uns voller Liebe und Fürsorge zuwendet.

2. Mit unserer Tochter

Wie schon erwähnt, habe ich die ganzen Jahre hindurch immer wieder im Internet nach Spuren unserer Tochter gesucht – hin und wieder auch kleine Hinweise gefunden.

Dann geschah das Unglaubliche: völlig unverhofft entdeckte ich ihre Seite bei den sozialen Medien – völlig frei und öffentlich konnte ich vieles über ihr Leben erfahren – dass sie verheiratet ist und Kinder hat, wo sie wohnt usw. Unzählige Bilder zeigten uns sie mit ihrer uns unbekannten Familie. Ich war wie elektrisiert! Wir sahen unsere zwei „neuen“ Enkel die vergangenen zwei Jahre quasi in Bildern heranwachsen! Was für ein Wunder! Es war wie ein Donnerschlag!!

Schnell setzte sich unsere zweite Tochter mit ihrer Schwester in Verbindung und diese antwortete auch sofort. Mittlerweile haben sich beide mit ihren Familien schon mehrere Male besucht. Nach der Schwester nahm dann auch meine Mutter, die Oma, Kontakt zu unserer Tochter auf, und auch sie haben sich gegenseitig schon häufig gesehen. Ich selber habe daraufhin schriftlich, über Internet immer wieder Kontakt zu ihr aufgenommen – z. B. meiner Freude Ausdruck gegeben über ihre Familie, ihre entzückenden Kinder. Man konnte auf den Bildern sehen, wie gerne sie Mutter ist. Unsere Tochter antwortete immer sehr positiv, so dass ich sie nach einigen Monaten fragte, ob wir uns nicht einmal treffen wollten. Sogleich war sie damit einverstanden – ein wenig so, als hätte sie darauf gewartet.
Wir beschlossen, das Treffen im Haus der Schwester zu arrangieren. Unsere Tochter kam mit ihrem Mann und den beiden Kindern, ihre Schwester mit ihrer Familie war dabei und mein Mann und ich.
Nach 13 Jahren sollten wir nun unsere Tochter endlich wiedersehen.
An dieser Stelle möchte ich gerne auf unsere innere Befindlichkeit eingehen (wie sind mein Mann und ich damit umgegangen?). Bis vor 2-3 Jahren war unsere Einstellung diese: Wenn es jemals wieder zu einem Kontakt kommen soll, muss ausgeräumt werden, was in der Vergangenheit vorgefallen ist – muss unsere Tochter ihre Falschaussagen erkennen und bereuen. Anders konnten wir uns das nicht vorstellen. Nach und nach jedoch begann sich in unserem Inneren etwas zu lösen und zu verändern. Bis kurz vor dem Treffen mit unserer Tochter einigten wir uns darauf, nur eine Frage stellen zu wollen, nämlich, ob sie immer noch glaubt, dass wir die Dinge wirklich getan haben, die sie uns vorgeworfen hat.

In Teil eins habe ich schon erwähnt, dass wir bewusste Christen sind, d.h. Wir glauben an einen personalen Gott, zu dem wir eine Beziehung haben können – der in unserem Leben, in allem was geschieht gegenwärtig ist. Dieser Glaube hat uns diese 13 Jahre begleitet und gestärkt, d.h. wir konnten diese ganze wahnsinnige Geschichte an diesen Gott abgeben im Vertrauen darauf, dass er den Sinn kennt. Ca. 2 Tage vor dem Treffen mit unserer Tochter erlebten mein Mann und ich dann wie diese ganze Last der absurden Anschuldigungen und alles, was noch an Bitterkeit und Härte in uns war, einfach von uns abfiel. Wir betrachten das eindeutig als Gottesgeschenk – menschlich gesehen war uns das so nicht möglich. Mit einem Mal interessierte uns überhaupt nicht mehr, was vor 13 Jahren geschehen war – es war uns (in positivem Sinn) egal!! (Unsere Tochter weiß selbst wahrscheinlich auch gar keine Antwort.)
Wir haben lange genug daran „gearbeitet“ – von unserer Seite her ist es vorbei – abgehakt!
Wir empfanden eine herrliche Ruhe und Freiheit und so konnten wir dann zu dem Treffen gehen in der festen Gewissheit, dass es gut werden würde! Und das wurde es dann auch tatsächlich! Die Atmosphäre war entspannt und fröhlich – es fühlte sich an, als würde ein Familienmitglied nach einer sehr langen Reise wieder zurückkommen. Unsere Tochter erzählte viel, wir lernten unseren neuen sehr unbefangenen und sympathischen Schwiegersohn und unsere neuen Enkel kennen, die übrigens gleich „Opa“ und „Oma“ zu uns sagten. Unsere andere Tochter meinte, wenn jemand, der vom Hintergrund dieses Treffens gar nichts wüsste, uns beobachten würde, der käme zu dem Schluss, dass dies ein ganz normales, fröhliches Familientreffen ist. Mittlerweile habe ich unsere Tochter auch schon in ihrem Zuhause besucht – in einer Woche werden mein Mann und ich wieder hinfahren. Mit ihrer Schwester hat sie schon Pläne für die Sommerferien geschmiedet – die Kinder lernen sich immer besser kennen. Letztendlich ist es so, als würden wir an der guten Zeit – vor den 13 Jahren – wieder anknüpfen. Falls unsere Tochter irgendwann über das Vergangene reden möchte, sind wir gern dazu bereit, wir brauchen es nicht. Wenn unsere Tochter und wir uns treffen, fühlt es sich nicht so an, als müssten wir ständig auf der Hut sein, was wir sagen, als gäbe es ein Redeverbot oder Tabuthema – es gibt lebhafte Gespräche – nach 13 Jahren hat man sehr viel zu erzählen.

Es ist fast zu schön um wahr zu sein – ich weiß, so hört sich das alles an, aber ich kann nichts anderes sagen. Wir sind unendlich dankbar und einfach gespannt, wie es weitergehen wird!

Was wir gelernt haben ist dies: In aller Ohnmacht niemals die Hoffnung und das Vertrauen aufgeben – und Loslassen!

Noch einmal heil davon gekommen

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